Sehen lernen!

bequemer, physiologischer Stand

Nur wer um den bequemen, gesunden Ruhestand eines Pferdes weiß, wird ein Pferd mit Hufschmerzen erkennen können. Wir leben heute in einer Welt mit "still" leidenden Pferden und die meisten Pferdebesitzer betrachten die verschiedenen, unphysiologischen Haltungen als normal. Wir müssen das Sehen und Beobachten wieder erlernen und erkennen warum Pferde eine bestimmte Haltung einnehmen. Fohlen sowie adulte Pferde sollen in der Lage sein, mit senkrechter Stellung der Vor- und Hinterhand und dadurch ohne Muskelanspannung stehen zu können. Nur in diesem bequemen, physiologischen Stand, mit korrekt gestellten Gelenkpositionen und ineinandergreifender Knochensäule, ist ein energiesparendes, regenerierendes Entspannen für das Pferd möglich. Hufschmerzen, die ein kontinuierliches Korrigieren der Haltung über Muskelarbeit erforderlich machen, sind mit der Hauptgrund für Muskelverspannungen am Bewegungsapparat.


kräftezehrender, unphysiologischer Stand

Oft lehnen sich Pferde mit Schmerzen nach vorne um den hinteren Bereich des Hufes zu entlasten. Selbst wenn scheinbar am Huf nichts Auffälliges zu erkennen ist, sieht man häufig Pferde in dieser nach vorne gelehnten Position verweilen. Dies ist ein starkes Warnsignal. Zeigt ein Pferd diese Haltung, hat es bereits starke Schmerzen. Diese Stellung wird zu Beginn nur leicht eingenommen, doch im Lauf der zunehmenden Hufverformung und den damit verbunden Schmerzen verfestigt sie sich zunehmends. Besonders heimtückisch bei Hufdegenerationen durch Beschlag ist deren langsame Entwicklung: Offensichtlich lahmt das Pferd nicht, da sich der Schmerz gleichmäßig in allen beschlagenen Hufen entwickelt. Nur die hierdurch erzwungene Haltungsänderung läßt erkennen, wie das Pferd den Hufschmerzen auszuweichen versucht.


nach vorne gedrücktes Karpalgelenk

Im Laufe der Zeit wurden viele Warnsignale von Hufschmerzen als anderweitige Probleme des Pferdes umetikettiert. Sogar renommierte Pferdeschriften berichten im Konsens zu dieser Uminterpretation: Es wird behauptet, Pferde seien „Kniehängig“, wenn sie tatsächlich keine Knieprobleme hätten und dieses befremdliche Stehen von Schmerzen im hinteren Bereich des Hufes käme. Vielmehr sind jedoch Muskelgruppen des Bewegungsapparates durch die unphysiologisch nach vorne geneigte Haltung überanstrengt. Die Muskeln der Schulter und im oberen Bereich des Beines zeigen Ermüdungszeichen. So nehmen einige Pferde diesen Stand, mit nach vorne geneigtem Knie (Karpalgelenk), ein, um noch ein wenig Schmerzerleichterung in den Hufen zu erfahren.


"tiefe" Fessel wegen Hufprobleme

Es wird uns erzählt, dass Pferde im Fesselgelenk durchtrittig sind. Dies kann aufgrund einer übermäßigen Nutzung entstehen. Was in solchen Fällen im Vorfeld alles falsch gelaufen ist, soll hier nicht erörtert werden. In der Regel versuchen Pferde mit dieser unnormal erzwungen Fesselwinkelung einer unphysiologischen Hufbeinausrichtung in der Hufkapsel entgegenzuwirken. Pferde probieren mit dieser Art zu stehen Hufschmerzen auf Kosten des Sehnenapparates zu kompensieren. In den seltensten Fällen handelt es sich um eine angeborene Schwäche der Sehnen und somit werden auch die oftmals verordneten Mittel zur "Sehnenstärkung" nichts nützen.


schmerzhaftes Stehen mit abgekipptem Becken

Im Laufe der Zeit unternimmt das Pferd alle Anstrengungen um die Litanei an Hufproblemen zu überwinden. In seinem Körper entwickelt es ein „schachbrettartiges“ Kompensationsmuster. Hinterhandprobleme erscheinen, Lumbo-Sacral-Schmerzen und eine Steifigkeit des Knies werden sichtbar. Dies ist darauf zurückzuführen, weil das Pferd in dem Versuch die Vorhand zu entlasten, immer mehr Gewicht auf die Hinterhand verlagert.

Wegen dieser konstanten Gewichtsverlagerung auf die Hinterhand und die Hinterhufe, werden diese Körperpartien nun auch in den Deformationsprozess mit einbezogen und beginnen sich umzuformen, indem sich anormale Hufwinkel und niedrige Trachten bilden. Oftmals kehren sich die Zehenwinkel von Vorder- und Hinterhufen um. Diese „gesamte Hufbeteiligung“ mit den Winkelumkehrungen zwingt das Pferd mit weit unter den Schwerpunkt tretenden Vorder- und Hinterbeinen zu stehen, dem sogenannten „Boxenstand“ (Box Stance). Oftmals werden dadurch Gesäßmuskeln an der Hüfte so beansprucht und angespannt, dass sie sich diese wie zwei kleine pralle Pfeiler auf beiden Seiten der Hüfte hervor wölben, und dies sogar bei dünnen Pferden.


Kein Korrekturbeschlag, keine Physiotherapie oder chiropraktische Arbeit wird die Probleme oberhalb der Hufe beheben, wenn das Pferd aufgrund von Hufschmerzen weiterhin zu einem kontinuierlichen Korrigieren der Haltung genötigt ist.
Leider sind die meisten, am Pferd arbeitenden Therapeuten nicht ausgebildet, um Hufdeformationen, Hufschmerzen und die schädlichen Auswirkungen von Hufbeschlag auf den gesamten Organismus zu erkennen. Therapeuten, denen dieses Wissen fehlt, werden selbst zu einem Teil des Problems, anstatt ein Teil der Lösung sein.
(Quelle: Chrisann Ware)